Wenn ein Flug wegen eines angekündigten Streiks der Airline-Mitarbeiter gestrichen wird oder deutlich verspätet ist, können Kundinnen und Kunden ein Recht auf Entschädigung haben…

…dies entschied der Europäische Gerichtshof (kurz: EuGH) am 23.03.2021 (Az.: C 28/20).

Der durch eine Gewerkschaft geführte Streik von Beschäftigten eines Luftfahrtunternehmens mit dem Ziel der Forderungsdurchsetzung, stellt keinen außergewöhnlichen Zustand dar. Die Rechtsprechungslinie aus Luxemburg überzeugt.

Mitten in der Ferienzeit steckt die Airline in einer Dauerkrise: nach dem Warnstreik des Bodenpersonals, drohen jetzt die Flugkapitäne mit dem nächsten Arbeitskampf. Die Lufthansa hat deswegen bereits über 1000 Flüge gestrichen. Aber ist ein Streik eigentlich höhere Gewalt? Streiks sind der Risikosphäre der Fluggesellschaft zuzurechnen und können grundsätzlich nicht auf Fluggäste entschädigungslos abgewälzt werden. „Im Ergebnis hat die Lufthansa den betroffenen Fluggästen gem. Art. 5 Abs. 1 Buchst. c, Art. 7 Fluggastrechte-VO in derartigen Fallkonstellationen, welche jedenfalls das eigene Personal betreffen, Ausgleichszahlungen zu leisten. Entsprechendes gilt bei einem Streik der eigenen Piloten.

Arbeitskampfmaßnahmen des eigenen Personals stellen einen vorhersehbaren Vorgang im Rahmen von Tarifverhandlungen dar. Der Entlastungstatbestand nach Art. 5 Abs. 3 Fluggastrechte-VO, welcher die Airline von der Zahlungsverpflichtung befreien würde, greift nicht ein. Streiken die Airline Mitarbeiter, dann ist das für die Airline „normal“ und gerade kein „außergewöhnlicher Umstand“. Das Urteil des EuGH stärkt damit die Fluggastrechte in der gesamten EU. Die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs setzt einen neuen Standard dafür, wie Streikfälle behandelt werden, da sie für alle EU-Länder und Fluggesellschaften verbindlich ist.

Damit etwas als „außergewöhnlicher Umstand“ im Sinne der rechtlichen Grundlagen bezeichnet werden kann, was die Airlines von ihren Entschädigungspflichten entbindet, müssen laut EuGH zwei Voraussetzungen erfüllt sein: Zum einen dürfe das Ereignis, das zu den Behinderungen führte, nicht Teil der normalen Betriebstätigkeit sein. Zum anderen dürfe es von der Airline nicht beherrschbar sein.

Dies müsse aber von Fall zu Fall betrachtet werden. So kann ein Streik ein „außergewöhnlicher Umstand“ sein, wenn er von Mitarbeitenden anderer Unternehmen – etwa von Fluglotsen – durchgeführt wird oder die Forderungen der Streikenden nur von staatlichen Stellen erfüllt werden könnten.

 

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